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Prof. Dr. Thomas von der Vring                                                                                           September 2009

 

Die Subprime-Krise

Subprime Kredite oder zweitklassige Kredite sind Kredite mit hohem Ausfallrisiko. Es sind Kredite an Kreditnehmer mit geringer Bonität. Überwiegend handelt es sich um Kreditnehmer ohne belastbares Vermögen, deren Fähigkeit, ihre Kredite vertragsgemäß zu bedienen, von ihrem Einkommen abhängt. Solche Kredite werden notleidend, wenn die Kreditnehmer dazu nicht mehr in der Lage sind,

  • entweder weil ihr Einkommen kleiner geworden ist,
  • oder weil ihre Zinsen gestiegen sind,
  • oder weil ihre beliehene Immobilie an Wert verloren hat und der Gläubiger vorzeitig Geld zurückhaben will.

Eine Subprime-Krise bedeutet, dass solche ärmeren Kreditnehmer massenhaft in Zahlungsschwierigkeiten geraten.

Wer vergibt solche Kredite? - Eine Bank, die solche Kredite vergibt, schätzt dieses Risiko ab. Bei positiven Konjunkturdaten schätzt sie die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit von Kreditnehmern gering ein. Aber längerfristig wollen sie sich nicht mit solchen Krediten belasten. Deshalb sind sie daran interessiert, diese Kredite weiter zu verkaufen.

Wohlhabende Privatanleger wollen mit möglichst geringem Risiko möglichst hohe Renditen erzielen. Sie scheuen solche konjunkturabhängigen Risiken. Aber Banken können solche riskanten Forderungen verkäuflicher machen, indem sie sie mit weniger riskanten Anlagen mischen und in Pakete packen – „verbriefen“.

In einem Paket werden Forderungen dann attraktiver, wenn dessen Gesamtrisiko geringer erscheint als die Summe der Risiken, die es enthält. Voraussetzung dafür ist, dass der Käufer des Pakets die Risiken nicht erkennen kann, die verpackt worden sind. Wenn die Einzelrisiken nicht erkennbar sind, kommt es auf den Schein des Gesamtrisikos an. Den liefert die Ratingagentur. Wenn diese ein Rating des Pakets bezeugt, durch die es attraktiver wird als seine Bestandteile, dann kann die Bank ihre Subprime-Kredite rasch – was wichtig ist – und mit Gewinn verkaufen – worauf es ihr ankommt.

Wenn, wie geschehen, von Banken solche Subprime-Kredite massenhaft in verbriefte Pakete gepackt wurden, und zwar so, dass deren Inhalt und dessen Einzelrisiken den Käufern nicht beurteilbar waren, dann hatte das Manöver einen Sinn: schlechte Anlagen wurden geschönt, mit Hilfe von Ratingagenturen, deren Motiv nicht die Aufklärung der Käufer war. Vor allem private Anleger, die nie im Traum daran gedacht hätten, ihr Geld an arme Leute zu verleihen, ließen sich deren Kredite in hübschen Tüten verpackt als Schnäppchen andrehen.

Aber wieso brauchten die vermögenden Geldanleger vermögenslose Leute als Kreditnehmer? – Weil die Vermögenden selbst keine Kredite haben wollten. Am Anfang der Entwicklung, die zur Subprime-Krise geführt hat, standen wachsende Gewinneinkommen, die nicht konsumiert, sondern gespart wurden. In Deutschland sind die Gewinneinkommen zwischen 2002 und 2008 deutlich stärker gewachsen als die Lohneinkommen. Wenn das Marktgeschehen vernünftig funktionieren würde, würden diese Ersparnisse, insb. wenn sie die Zinsen drücken, von Unternehmungen übernommen, um damit zu investieren. Die Unternehmungen investieren aber nur dann, wenn die Nachfrage nach ihren Produkten zu wachsen verspricht. Angesichts der stagnierenden Binnennachfrage blieb die Kreditnachfrage der Unternehmen in Deutschland jahrelang unterhalb der gesamtwirtschaftlichen Ersparnis. Die einkommensabhängigen deutschen Konsumenten scheuten sich, auf Pump zu kaufen, und zudem bemühte sich der Staat erstmalig, seine Kreditaufnahme abzubauen. So kam es, dass deutsche Banken sich genötigt sahen – oder verlockt, ihr Glück im Ausland zu suchen. Dort kannten sie sich nicht so gut aus. Deshalb waren sie geeignete Empfänger von solchen „verbrieften“ Forderungen. Zwischen 2001 und 2008 nahmen die Kreditbestände der deutschen Banken gegenüber Inländern ständig ab, während ihre Auslandsforderungen Jahr für Jahr um 100 MRD Euro oder mehr anwuchsen, insgesamt um fast eine Billion Euro.

Weltweit schwammen die Vermögenden in Geld, und so entstand eine „Blase“ von weltweit anlagesuchendem Kapital, das kein solider Investor haben wollte. In den USA aber fand es zum Pumpen bereite Konsumenten, denen es vor allem chinesische Importwaren angetan hatten. Es fehlte ihnen nur an Einkommen. Ihnen in Zeiten niedriger Zinsen Kredite mit variablem Zinssatz anzudrehen war eine Frage des Marketing. Diese Subprime-Kredite ausländischen Anlegern als solide Anlagen zu verkaufen war eine Frage der Verpackung. So hat „der Markt“ die deutschen Vermögenden mit den amerikanischen Subprime-Kreditnehmern ins Geschäft gebracht.

Diese Blase ist 2008 geplatzt, nachdem seit 2006 immer mehr Subprime-Schuldner zahlungsunfähig geworden waren. Wer dabei wie viel verloren hat, ist dunkel. Die letzte Zählung lag weltweit bei über 10 Billionen US-Dollars.

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